Quo vadis, Grundschule?


Lina ist aus ihrer ersten Schule heraus gewachsen. Ganz heimlich, still und leise. Gerade erst haben wir das zahnlückige Wesen mit den dünnen Zöpfchen eingeschult, schon muss ich mich entscheiden, auf welche weiterführende Schule ich mein Kind schicken will.
Manchmal ist es gar nicht so toll, wenn man die Wahl hat. Manchmal wünsche ich mir, wir würden irgendwo auf dem Land leben, wo es nur eine weiterführende Schule gibt, auf die dann alle gehen. Tun wir aber nicht. Also habe ich mir die Zeit zwischen November und Februar damit verkürzt, mir alle weiterführenden Schulen im näheren Umkreis anzuschauen und mir einen Weg zu überlegen, zu einer Entscheidung zu kommen. Man hat ja um diese Jahreszeit sonst nicht so viel vor und zu tun.  Da sperre ich mich lieber mit 2000 anderen Eltern in eine Aula und schäme mich, wenn ich peinliche Fragen stelle und mich an die Lehrer und Schulleiter heranschleime.
Wer will schon auf Weihnachtsfeiern? Passiert ja eh immer das gleiche.

Und was hat es mir gebracht? Inspiriert von der ganzen gymnasialen Luft, sage ich es mal faustisch:

Jetzt steh ich hier, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor.

Die Gymnasialempfehlung der Lehrerin nahm uns immerhin die erste Entscheidung nach der Schulform ab. Aber dann? G8 oder G9? Hier geht beides.

Fritz ist der Meinung, dass es G7 auch tut, er fragte nach vier Monaten in der ersten Klasse, wann er denn endlich mal auf eine weiterführende Schule käme. Er hätte sich das jetzt ausführlich angeschaut und das wäre ihm eindeutig zu viel Malerei.

Ich muss meinem Sohn da ein wenig Recht geben. Einmal hat er mich um Hilfe gebeten, weil er eine Hausaufgabe nicht verstanden hat. Gemeinsam haben wir darüber nachgedacht und sind dann zu dem Schluss gekommen, dass die Aufgabe wirklich so einfach ist, wie sie auf den ersten Blick schien.
„Das ist ja eine totale Blödsinns-Aufgabe“, fasste ich unsere Bemühungen anschließend zusammen, aber Fritz brachte es noch besser auf den Punkt: „Tja, Mama. Es ist halt die erste Klasse.“
Auf meine Frage am Ende des Schuljahres, ob er in der ersten Klasse eigentlich etwas gelernt hätte, was er vorher noch nicht gekonnt oder gewusst hätte, antwortete er:

„Ja klar. Klavier spielen.“

So gesehen, reicht für Fritz wohl auch G7. Gibt es ja auch schon. Heißt Hauptschule und der Abschluss dürfte für Fritz‘ aktuellen Traumjob bei der Autobahnmeisterei auch ausreichen.

Er hat aber auch noch ein wenig Zeit und für Lina haben wir uns dann für G9 entschieden, an dem Gymnasium, auf das ich auch schon gegangen bin.
Ob sie da einen Platz bekommen wird, ist allerdings fraglich, da diese G9-Gymnasien gerade voll beliebt sind und die Eltern ihre Kinder lieber Latein als erste Fremdsprache lernen lassen als sie ein Jahr kürzer auf die Schule zu schicken.
Aber ich habe im Haifischbecken konkurrierender Eltern alles gegeben. Das einzige, was ich noch hätte machen können, um Linas Chancen zu erhöhen, wäre gewesen, das Bewerbungsschreiben auf Latein zu verfassen, aber dazu ist mein Latein doch etwas eingerostet, ganz zu schweigen von meinen Altgriechisch-Kenntnissen.

Ende Mai bekommen wir Bescheid, ob es geklappt hat.
Derweil beeindruckt uns Lina mit ihren übärrahgenden Rechtschreibkünnsten.

Aber jetzt mal de filiae nihil nisi bene. Dum spiro spero und man kann die Schule de facto auch cum Acho und Kracho abschließen.
Und wenn gar nichts geht:  Tu felix Lina nube!

Salvete, Lectori!


Gegendarstellung:

Die Autorin der Geschichte hat an dieser Stelle aufgrund übersteigertem Geltungsbedürfnisses mal wieder hemmungslos übertrieben.
Die Rechtschreibfähigkeiten der erwähnten Tochter sind leicht überdurchschnittlich für Kinder der vierten Klasse mit Gymnasialempfehlung und überhaupt ist hier alles erstunken und erlogen.

11 Gedanken zu „Quo vadis, Grundschule?

  1. hallwayposts

    G7, G8, G9? Sorry, ich hab zwar 12 Jahre Schule hinter mir, aber ich hab von sowas nie gehört.^^ Bei uns war es so: entweder Realschule oder Gymnasium. Und da ging es auch recht leicht mit dem Entscheiden, weil meine Mutter einfach andere Mütter gefragt hat, wohin sie denn ihre Kinder bringen werden. Ist dann auch so gewesen, dass mein Bruder mit vielen aus seiner ehemaligen Klasse auf dem selben Gymnasium war. Und ich dann mit meinen Klassenkumpels hinterher. Easy 😀

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    1. Sandkuchen-Geschichten Autor

      G 8 = 12 Jahre Gymnasium, G9 = 13. Und bei den Umverteilungen durch überwählte Schulen ist die Gefahr groß, dass man quer durch die Stadt geschickt wird. Jetzt ist wieder alles easy hier, da inzwischen alle Gymnasien wieder G9 machen. Ich glaube Wunschrealschule ist hier schwieriger mittlerweile …

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  2. wortgerinnsel

    Ich muß gestehen, meine Tochter seinerzeit einfach im Gymnasium um die Ecke angemeldet zu haben, ohne eventuelle Alternativen zu prüfen geschweige denn mir die Schule um die Ecke anzusehen. Ich ging ganz naiv davon aus, dass sie auf dieser – staatlichen – Schule genauso gut oder schlecht Abi machen wird wie auf irgend einer anderen. Dasselbe galt Jahre vorher übrigens auch für die Auswahl der Grundschule 😊
    Ich selbst ging übrigens das erste halbe Jahr der ersten Klasse auf eine teure Privatschule, meine Mutter meinte, da würde ihre schlaue Tochter besonders gefördert. Dann konnten meine Eltern sich das aber nicht mehr leisten, und so wechselte ich auf die staatliche Grundschule um die Ecke. Dort mußte ich dann erstmal den Anschluss finden, die waren schon viel weiter im Stoff 😉

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    1. Sandkuchen-Geschichten Autor

      Das war vor zwei Jahren (und da spielt die Geschichte) hier tatsächlich gar nicht so einfach. Das nächste Gymnasium war hoffnungslos überwählt da eines von dreien in der ganzen Stadt mit G9. Da sind viele aus unserem Vorort dann auf ein G8-Gymnasium am anderen Ende der Stadt umsortiert worden.
      Da musste man schon gut schauen und wählen.
      Inzwischen ist es hier wieder total entspannt, da alle Schulen zu G9 zurückgekehrt sind. Und mein Sohn bekommt als Geschwisterkind sowieso einen Platz an unserem Wunschgymnasium (das wir tatsächlich bekommen hatten). Da habe ich mir die Rennerei jetzt auch sparen können.

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  3. Martina

    Ha, einmal 5.Klasse, einmal 6. Klasse einmal Abijahrgang … was bin ich froh, dass diese Entscheidungsqual hinter mir liegt… (zwei Jahre ist die Geschichte alt sagst du? Ich frag nur, weil ich eine 6.Klässlerin regelmäßig Lateinvokablen abfrage…)

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