London, Part 3: Der Fluch des zweiten Urlaubstages, magische Momente und wie schmeckt eigentlich Butterbier?


Nach dem Frühstück fahren wir als erstes unsere Hop-on-hop-off-Tour zu Ende. Die blaue Tour durch das West End ist noch offen. Das Wetter ist herrlich, aber das haben außer uns noch ein paar mehr Menschen bemerkt und drängeln durch die Straßen Londons.
Es ist alles furchtbar voll und der Bus bewegt sich in Zeitlupe durch die Stadt. Ich werde etwas nervös, da ich für den Nachmittag die Harry-Potter-Studio-Tour gebucht habe.
Irgendwann steigen wir einfach aus und laufen zur nächsten U-Bahn-Station, um zum Bahnhof Euston zu fahren.

Hier flattere ich erst mal wie ein aufgeregtes Hühnchen herum, weil ich nicht weiß, wo wir hin müssen, wie wir die Zugfahrt bezahlen können und weil wir noch was zum Mittagessen brauchen.
Als ich meinen Sohn anschnauze, dass er jetzt nicht mein Handy haben kann weil ich gerade nervös bin, sagt mein Mann, ich solle mich mal wieder einkriegen, das wäre nicht hilfreich.
Diese Bemerkung ist allerdings auch wenig hilfreich, jetzt bin ich nämlich aufgeregt und stinksauer.
Ich flattere nicht mehr nur hühnermäßig sondern fauche auch noch gänsegleich.

Es ist mir völlig unverständlich, warum es keinen Plan gibt, auf dem steht, wann welcher Zug auf welchem Gleis einfährt. Der Plan ist die elektronische Anzeigetafel und davor stehen jede Menge Menschen und warten darauf, dass irgendwann das für ihren Zug passende Gleis angezeigt wird. So ungefähr eine Minute vor planmäßiger Abfahrt.

Im Moment bin ich gewillt, Obelix‘ Aussage „Die spinnen, die Briten“ zuzustimmen.
Immerhin weiß ich inzwischen, dass wir unsere Oystercard nutzen können, wir finden allerdings keinen Automaten, an dem wir sie aufladen können. Also kaufen wir Tickets.
Der Mann hat währenddessen herausgefunden welchen Zug wir von welchem Gleis nehmen müssen. Jetzt kann ich endlich aufhören, aufgeregt zu sein und mich ganz auf meine schlechte Laune aufgrund der vorherigen Bemerkung konzentrieren.

Die Kinder sind auch nicht besonders gut gelaunt. Die Busfahrt hat sie gelangweilt, sie würden gerne Handy spielen, dürfen aber nicht, was sie nicht davon abhält, es trotzdem zu tun. Zwischendurch zicken sie sich an.
Es ist wie in jedem Urlaub: Der Fluch des zweiten Urlaubstages schlägt zu.
Ich bin genervt, aber immerhin weiß ich, dass es morgen wieder besser sein wird. Ist nämlich immer so.

Nach 25 Minuten Zugfahrt steigen wir in den Busshuttle zu den Warner Brothers Studios um. Hier sind alle Innenaufnahmen sämtlicher Harry-Potter-Filme gedreht worden. Nach den Dreharbeiten hat man den ganzen Klumpatsch dann einfach da gelassen und verdient jetzt noch mehr Geld damit, dass man Touristen den Pappmaschee-Krempel zeigt.
Ich habe einen Einlass-Slot für 15 Uhr gebucht, wir dürfen aber fast eine halbe Stunde früher rein.
Vorher hole ich mir noch in der hier ansässigen Starbucks-Filiale einen Kaffee. Leider fragt man mich nicht nach meinem Namen für den Kaffeebecher. Ich wollte eigentlich „Bellatrix“ sagen und habe mich vorher insgeheim schon über den Scherz kaputt gelacht.

In der Warteschlange kommt man schon mal an Harrys Zimmer unter der Treppe vorbei. Die Kinder finden es eigentlich sehr gemütlich. Das muss ich mir merken.

harrys-zimmer-unter-der-treppe

In einem kleinen Zimmer kann man auch nicht so viel Unordnung machen …

Richtig los geht es in der großen Halle. Wir bekommen erklärt, welche Tischabschnitte für welches Haus sind und als sich die Tochter als eine der wenigen Slytherins outet, zeigt sich die Studioführerin gnädig und meint: „OK, ausnahmsweise dürft Ihr auch dabei sein.“
Es ist halt nicht immer leicht auf der dunklen Seite.

grosse-halle

Die Kinder bekommen noch einen Audioguide, ich erbe kurz darauf den meines Sohnes, weil er ihn saulangweilig findet. Man erfährt ein paar witzige Details, zum Beispiel, dass fast alle Bücher aus Dumbledores Büro alte Telefonbücher sind, die in Leder eingebunden wurden.

dumbledores-office

Oder dass die Betten im Gryffindor-Schlafraum für Elfjährige konstruiert wurden und sich die Darsteller in späteren Filmen dort ganz schön reinquetschen mussten.

gryffindor-schlafraum
Besonders gut gefallen mir der Fuchsbau, der Zaubertränke-Klassenraum mit den selbstrührenden Kesseln und Dolores Umbriges Büro mit den Katzentellern an der Wand.

dolores-umbridge-buero

Anschließend geht es durch den verbotenen Wald.

im-verbotenen-wald

Follow the spiders …

Die hier gezeigten Spezialeffekte erinnern mich allerdings ein wenig an müde Geisterbahn-Tricks. Der Patronus könnte auch ein leuchtender Plastikhund aus dem Taunus-Wunderland der 70er sein.

patronus

Patronus-Hund

An Gleis 9 ¾ wartet schon der Hogwarts Express und man kann seinen Koffertrolley durch die Wand schieben. Natürlich nur, wenn man artig die Schlange der anderen, die das auch machen wollen, abgewartet hat.

gleis-9-drei-viertel

bucklige Frau an Steinwand

Anschließend gibt es endlich das vom Sohn heiß ersehnte Butterbier zum Schnäppchenpreis von 3,99 £ zu kaufen.

butterbier
Lustiger Weise gibt es gleich neben den normalen Mülleimern ein extra Fass für Flüssigkeiten. Ob Butterbier vielleicht tatsächlich so schrecklich schmeckt, wie es heißt?

butterbier-entsorgungsstelle

Die Antwort ist kurz: Ja.
Butterbier besteht aus einer Art Apfelsaftschorle, vielleicht auch Kuhpipi, auf die obendrauf sowas wie mit Karamellgeschmack parfümierte Sahnesoße gekippt wird.
Aber der Mann ist tapfer und trinkt die Plörre leer. Bei 3,99 £ gilt auf jeden Fall „Lieber den Magen verrenkt als dem Wirt was geschenkt“.
Ich mag mir währenddessen gar nicht vorstellen, auf welche Weise das entsorgte Bier aus der Tonne dem Recyclingkreislauf wieder zugeführt werden könnte …

Jetzt befinden wir uns im Ligusterweg und können durch die Vollplastikattrappe der Nummer 4 schlendern.

inside-privet-drive

An der Wand hängen übrigens lauter lustige Quatsch-Urkunden von Dudley, zum Beispiel, dass er im Judo im Übergewicht gewonnen hat.

Gegenüber hält der Fahrende Ritter und nebenan steht das Haus der Potters aus Godric’s Hollow. Am Dach müsste schon was gemacht werden.
Genau so wie am Ford Anglia, in den man sich genau so setzen kann wie auf Hagrids Motorrad.

godrics-hollow

„Langsam bekomme ich den Eindruck, dass hier gar nichts echt ist“, stellt der Sohn erstaunt fest, als wir in die nächste Abteilung mit den Spezialeffekten kommen.
Ich finde ein Symbolbild für meine Laune am Mittag:

meerjungfrau

Und gleich noch eins für uns alle:

Der Sohn lässt derweil Dobby den Dab machen.

dobby-dab

Die Läden in der Winkelgasse haben leider alle geschlossen, aber Einhornblut hätte es eh keines gegeben.

kein-einhornblut

Aber dafür Kotzpastillen, Schokofrösche und natürlich Bertie Bott’s Bohnen sämtlicher Geschmacksrichtungen im Souvenirshop zu Preisen, bei denen einem tatsächlich übel wird.

Wir probieren dort sämtliche Zauberstäbe aus, aber so richtig in der Hand liegen will uns keiner.
Also verlassen wir die magische Welt nur mit einem T-Shirt und einem grünen Schreibfeder-Lutscher, der vermutlich drei Minuten gelutscht werden und dann für immer in den Tiefen meiner Handtasche verschwinden wird. Ein Zeitumkehrer wäre vielleicht etwas gewesen, wenn wir alle meine London-Programmpunkte noch durchbringen wollen, aber auch der muss einen anderen Käufer finden.

Wieder zurück in Camden gibt es zum Abendessen Fish & Chips bzw. Sausage & Chips für den Sohn. Saulecker!

fish-und-chips
Ketchup und Majo wird in kleinen Marmeladengläschen gereicht.
Da werden wir wohl ab morgen beim Hotelfrühstück die leeren Marmeladengläschen heimlich mitgehen lassen müssen.

Was bisher geschah:

London Part 1: Von Sicherheitskontrollen Deluxe, den Schwierigkeiten des Linksverkehrs und britischen Hinweisen für Allergiker

London – Part 2: Jede Menge Essen, Nussknacker und ein Haufen Scheiße

 


Facts & Figures

Harry-Potter-Studio-Tour: Blick hinter die Filmkulissen. Muss vorab gebucht werden, Tickets können nicht vor Ort gekauft werden.Vorsicht beim Buchen. Am besten beim Anbieter selbst buchen https://www.wbstudiotour.co.uk/de und nicht irgendeinen Shuttle-Service dazu buchen, sonst kostet es für eine Familie schnell 100 £ mehr. Frühzeitig buchen, sonst ist es eventuell ausgebucht.
Die Anreise per Zug ist sehr einfach. Euston Station bis Watford Junction (aufpassen, dass man einen Zug erwischt, der zwischendurch nicht an jedem Baum hält), dann gibt es einen Shuttle-Bus, der alle zwanzig Minuten fährt (Fahrtdauer: ca. 20 Minuten).
Aufenthaltsdauer: ca. 3 Stunden. Man sollte eine halbe Stunde vorher da sein.

Kosten:
Tour: 126 £ für eine vierköpfige Familie
Audio-Guide: 4 £ pro Person
Bus-Shuttle (Hin- und Rückfahrt): 2,50 £ pro Person
Zugticket (Hin- und Rückfahrt): 11 £ für Erwachsene mit der Oystercard, Familienticket hat uns ca. 33 £ gekostet
Zauberstäbe: 29 £
Süßigkeiten (Schokofrösche, Bertie Bott’s Bohnen etc.): ca. 8 £ für ein kleines Päckchen
Butterbier: 3,99 £
Fotos auf fliegendem Besen: ca. 14 £

Essen: Poppie’s Fish & Chips http://poppiesfishandchips.co.uk/. Laut Eigenwerbung auf der Karte die besten Fish & Chips Londons. Sehr lecker.



Hierbei handelt es sich auch im dritten Teil immer noch nicht um bezahlte Werbung. Ich schreibe einfach auf, wo wir waren, was wir gemacht haben, weil ich nämlich auch genau solche Blogbeiträge mag, die mir helfen, einen Urlaub zu planen und mich für etwas zu entscheiden.

8 Gedanken zu „London, Part 3: Der Fluch des zweiten Urlaubstages, magische Momente und wie schmeckt eigentlich Butterbier?

  1. Pingback: Harry Potter in Berlin- WiB erstes März-Wochenende 2019 | Sandkuchen-Geschichten

  2. Pingback: London, Part 6: Mit Haien schwimmen und britische Klogeschichten – Goodbye London! | Sandkuchen-Geschichten

  3. beatriceconfuss

    Frau Sandkuchen….ich hab alle London Parts durcheinander durchgelesen und musste die ganze Zeit lachen! Vielen Dank! 😀

    Like

    Antwort
  4. Pingback: London, Part 5: Kultur pur – Kronjuwelen, Afternoon Tea und tags im Museum | Sandkuchen-Geschichten

  5. fraumasulzke

    Das mit der Bekanntgabe des Gleises ist in ganz UK so – angeblich hat das Sicherheitsgründe…nervig isses allemal. Und bei Starbucks sage ich IMMER einen anderen Namen, gerne übrigens „Margoszata“. Aber meistens boykottiere ich die sowieso, weil sonst das Urlaubsbudget aufgebraucht ist.

    Gefällt 1 Person

    Antwort
  6. Pingback: London, Part 4: Selfies mit Trump und Lady Gaga, Shopping-Queen und die große Frage „Whodunnit?“ | Sandkuchen-Geschichten

Mein Senf dazu

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..