„You FM Nachrichten: Ukraine: die Iraklischen haben die Ukraine abgebrochen und Vorsicht auf der B6a8: Hier kommt Ihnen zwischen Afrika und Würzburg ein Falschfahrer entgegen. Bitte fahren Sie rechts und vorsichtig wir benachrichtigen Sie, sobald die Gefahr vorüber ist. Ansonsten wünschen wir Ihnen eine gute Fahrt. Und nun zum Wetter:“
An dieser Stelle wurden die Nachrichten unterbrochen und der Nutzer schaltete um auf die blecherne, computergenerierte Stimme eines Navigationsgerätes: „Bitte gehen Sie die Treppe runter. Dann biegen Sie in hundert Metern rechts ab. Biegen Sie jetzt rechts ab. Sie haben Ihr Ziel auf der rechten Seite erreicht.“
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass wir mitnichten in einem Palast wohnen und unser Treppenhaus auch keine hundert Meter misst. Auch braucht niemand ein Navigationsgerät, um sich darin zurecht zu finden.
Wichtig bei der Treppe ist allerdings, dass man die Stufen hopsend nimmt.
Auf dem Po rutschen ist natürlich auch möglich. Das macht man aber besser nur treppab.
Sind so Erfahrungswerte.
Ich glaube, nein ich bin mir sicher, dass ich in einem Irrenhaus wohne. Ich bin mir nur noch nicht ganz darüber im Klaren, ob ich hier als Insasse oder als Wärter bin.
Ständig tun hier alle skurrile Dinge.
Fritz redet eigentlich ununterbrochen. Natürlich ist dabei nicht alles hochqualifiziert und philosophisch, auch wenn er das meint.
Lina weiß immer alles und doch irgendwie nichts. Allerdings nicht so, wie Sokrates sich das damals gedacht hat als ihm eingefallen ist, dass er nichts weiß.
„Lina. Du kannst ruhig den Teller abräumen, wenn Du fertig mit Essen bist.“
„Ich weiß.“
„Lina. Wenn Du die Klamotten so in die Ecke knüllst, dann verknittern sie und ich muss sie bügeln. Das mag ich so gerne wie Fußpilz“
„Ich weiß.“
„Lina!“
„Ich weiß.“
Aber woher kommt das eigentlich? Bin ich von außen betrachtet auch so merkwürdig? Wenn ich mich genauer unter die Lupe nehme, komme ich zu dem klaren Urteil:
Nein, natürlich nicht!
Es ist ja schließlich völlig normal, in seiner Freizeit, Goethes „Faust“ auf Reime zu untersuchen, die nur dann funktionieren, wenn man sie hessisch ausspricht. Oder dass man versucht, IT-Projektmanagement-Methoden auf den Familienalltag zu übertragen. Und keiner kann wirklich marmorierte Dinge mögen, seien es Fußböden, Jalousien oder Pflanzenblätter. Ist ja auch ganz grauenhaft schlecht fürs Chi.
Gerade fällt mir ein, dass ich mal wieder „De bello Gallico“ im lateinischen Original lesen könnte. Mache ich gleich nach dem Besuch des Sinfoniekonzerts.
Nein. Wie man sieht, alles total normal bei mir.
Es muss also einen anderen Wahnsinnsvererber in unserer Familie geben.
Ich hab da auch schon einen in Verdacht.
Neulich habe ich in der Stadtbibliothek „Die Schatzinsel“ als Hörbuch ausgeliehen. Lina drehte die CD neugierig in ihren Händen. So richtig dran hat sie sich aber nicht getraut.
„Worum geht’s denn in der Geschichte?“
Die prompte Antwort ihres Vaters war: „Das gefällt Dir. Ist wie „Harry Potter“, nur mit Piraten.“
Dann kann ich mir „De bello Gallico“ vielleicht doch sparen. Ist bestimmt auch wie „Harry Potter“ nur auf Latein. Und den habe ich gerade gelesen.
Am Ende kommt mir da auch nur in Afrika ein Falschfahrer ohne Navigationsgerät entgegen.
Weiß ich doch.
Zu komisch, vielen Dank für den Lesespass 😊
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