Wir waren jetzt zum zweiten Mal eine Woche Skifahren. Mit Schnee. Wir waren auch die drei Jahre vorher schon Skifahren, dann aber wahlweise mit krankem Kind, gerissenem Kreuzband oder mit ohne Schnee.
Ich muss sagen, das ist richtig schön, wenn auch die Berge um einen herum gezuckert sind und es nicht nur einen kümmerlichen Rest sulzigen Kunstschnees auf dem kleinen Stückchen Piste gibt, das vor einem liegt.
Nein, diesmal lag sogar Schnee am Straßenrand. Das kennen wir gar nicht. Vor zwei Jahren waren wir in Winterberg, aber außer dem Stadtnamen war da nicht viel mit Winter. Nachdem wir das örtliche Schwimmbad, das Wintersportmuseum, die Shoppingmeile und die Glasbläserei besichtigt hatten, haben wir einen Tagesausflug nach Bottrop unternommen – in die Skihalle.
Statt mit einem Lift wird man dort mit einem Förderband durch ein schmuckloses Betonrohr den „Hang“ hinauftransportiert und kann dabei durch kleine Fenster die schwarzen Schornsteine des Ruhrgebiets beim Rauchen bewundern. Das hat fast etwas von knisternder Kaminfeuergemütlichkeit. Aber immerhin regnet es in der Halle nicht, man wird nicht vom Wind weggeweht und die Gefahr, schneeblind zu werden ist mangels Sonne auch nicht gegeben.
Und jetzt eine ganze Woche Skifahren mit Schnee! Und Skikurs für die Kinder. Drei Stunden täglich ohne Genörgel. Also ohne Genörgel der Kinder, das wir uns anhören mussten. Das mussten sich andere anhören. Aber dafür haben wir den Skilehrern auch einen Haufen Geld bezahlt.
Nachmittags mussten wir uns dann doch noch ein wenig Genörgel anhören:
„Meine Kinder müssen später nie zum Skifahren“, befand Lina am Anfang der Woche, als sie gerade mit Hilfe des Fangzauns gebremst hatte. Am Ende hat sie ihre Meinung dann doch nochmal revidiert. Das war aber erst, als sie das Abschlussrennen ihrer Gruppe gewonnen hatte und dabei noch schneller als ihr Bruder war.
Aber auch Fritz hatte Grund zur Beschwerde. Erst haben die von der Skischule „Frida“ auf sein Namensschildchen geschrieben und dann haben sie noch einen Angsthasen zu ihm in den Kurs gesteckt: „Wir sind heute gar nicht die schwarze 9 gefahren, weil der Benno nicht wollte. So ein Blödmann.“
Fritz fährt bevorzugt steile Pisten und möglichst ohne Kurven. Letztes Jahr gab es einen kleinen Wettbewerb im Skikurs, wer auf einem Stück die meisten Kurven fahren kann. Die Siegerin schaffte 25 Bögen, Lina lag bei 22 und Fritz hatte am Ende 2. Das sagt einiges über seinen Fahrstil aus.
Dass er so furchtlos fährt, war nicht von Anfang an zu erwarten. Sein erster Skikurs dauerte immerhin ganze 15 Minuten, dann musste ich ihn wieder mitnehmen, weil ihm kalt war und er nur heulend auf dem Boden herumgelegen hat. Allerdings war er da auch gerade erst vier Jahre alt. Ein paar Poserfotos auf Skiern vor dem Hang haben wir dann aber doch noch gemacht.
Vorm Liftfahren hatte er auch lange Zeit großen Respekt. Erst die letzten zwei Tage ist er alleine und mit Stöcken in den Schlepp- oder Tellerlift eingestiegen. Das hatte Lina schneller raus, obwohl die
vor drei Jahren noch der Meinung war, dass „ihr letztes Stündlein geschlagen hätte“, als sie mit mir aus dem Schlepplift gefallen ist.
Ich bin nicht gerade eine Granate auf der Piste und teile Linas Respekt vor steilen Hängen. Ich habe also auch einen Skikurs gebucht. Ich frage mich allerdings schon, wo die feschen Skilehrer so sind, von denen man immer liest. Aber naja, immerhin musste ich so nicht mit meinem Mann zusammen fahren. Er neigt dazu, die skifahrerischen Fähigkeiten der weiblichen Familienmitglieder massiv zu überschätzen und treibt mich Pisten runter, die außerhalb meiner Möglichkeiten liegen. Soll er halt alleine fahren. Ich glaube, das war ihm auch ganz recht. Einmal sind wir zusammen gefahren und als ich vorschlug, dass jetzt ja jeder mal ein Stündchen alleine die Pisten fahren könnte, die er mag, hörte ich noch ein genuscheltes: „Wenn Du meinst“, und als ich meinen Skistock gerichtet hatte, war er auch schon verschwunden.
Aber der Skiurlaub war wirklich toll. Es ist doch schön, wenn man als Familie etwas gemeinsam macht.