Es schneit. Wie herrlich. Über der gesamten Welt liegt eine anmutige Stille. Alles ist ruhig und friedlich. Lautlos fallen unzählige Flocken aus der unendlichen Weite des Himmels und hüllen die Erde in eine schützende, watteweiche Schicht aus Milliarden winziger, wirbelnder Schneekristalle.
Die Hässlichkeit, der Schmutz und der Lärm werden von ihnen durch steten Fall bedeckt und nur noch der unschuldig weiße Schleier der Winterbraut, die auf den Frühling wartet, bleibt.
Allein das sanfte Knirschen des Schnees unter meinen Schritten ist zu hören. Nein, es wäre zu hören, wenn ich draußen wäre, aber ich sitze ja drinnen im Warmen und genieße still und andachtsvoll dieses Wunder der Natur.
Wenn da nicht…
STILLE NACHT, HEILIGE NACHT.
Mein Sohn singt Weihnachtslieder. Warum auch nicht. Ist ja schon bald wieder Ostern.
ALLES SCHLÄFT, EINSAM WACHT
Mit der verträumten Schneeruhe ist es jetzt allerdings vorbei, da Fritz sich dafür entschieden hat, die Weihnachtslieder in der Rammstein-Version zu interpretieren. Wenn das der kleine Jesus damals in seiner Krippe gehört hätte, wäre sicherlich einiges anders gelaufen. Dann wäre er nämlich auf der Stelle ertaubt und hätte niemals sprechen gelernt. Dann wäre das nix mit dem Predigen geworden. Dann wäre es schwer für ihn geworden, Jünger um sich zu scharen. Dann wäre er um die Sache mit der Kreuzigung vielleicht auch drum rum gekommen.
Und ich müsste mir jetzt nicht Weihnachtslieder über schlafende Kindlein in einer Variante anhören, die einem Fußballstadion voll grölender Fans angemessen wäre.
SEID LEISE, SEID LEISE, DENN ES SCHLÄFT DAS KIND
Aber dieses Kind kann einfach nichts leise machen. Bevor man ihn sieht, hört man Fritz. Da kann er direkt neben einem stehen und trotzdem brüllt er einfache Fragen, als würde er dabei über Kopfhörer AC/DC in voller Lautstärke hören. Ich bin doch nicht taub. Zumindest noch nicht.
Ich brülle dann häufiger zurück, aber das stört ihn nicht. Der findet das ganz normal wenn man sich in startender-Düsenjäger-Lautstärke unterhält. Da zuckt der nicht mal. Lange halte ich das aber auch nicht durch, weil mein Hals dann anfängt zu kratzen.
Ich habe schon mal untersuchen lassen, ob er vielleicht schlecht hört, weil er auch immer die Musik so laut schaltet, dass das ganze Haus wackelt (ja, das tut es tatsächlich). Aber nix. Fritz hört einwandfrei – also rein akustisch jetzt.
Ansonsten hört er auf Aufforderungen und Befehle ungefähr so gut wie die Hunde, die bei Martin Rütter in Behandlung sind. Zwar versteht Fritz was ich sage, seine Interpretation des Gesagten ist dann allerdings häufig eher unerwartet – zumindest für mich.
Aber das muss man verstehen. Es gibt einfach Dinge, die zu manchen Zeitpunkten nun mal wichtiger sind als Zähneputzen und Schlafanzug anziehen. Wenn er das dann wenigstens leise machen würde, also unauffällig die Befehle verweigern. Aber nein, das kann er nicht.
Ich glaube, dass bei meinem Sohn einfach der Lautstärke-Regler vergessen wurde. Da gibt es nur An und Aus. Feintuning unmöglich.
Irgendwas ist da in diesem Hirn jedenfalls ungewöhnlich verdrahtet. Wenn ich mit ihm schimpfe und es schaffe, dabei ruhig und gefasst zu bleiben und nicht zu brüllen (ja, das kommt vor), ist er hinterher tödlich beleidigt und behauptet vor aller Welt, ich hätte ihn angeschrien.
Das hat er nämlich nicht so gerne, wenn man ihn anbrüllt.
ACH SO. ABER DAS KANN JA WIRKLICH KEINER AHNEN.
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