Treuepunkte


„Haben Sie unsere Kundenkarte?“ „Sammeln Sie Payback-Punkte?“
Man kann ja heutzutage überhaupt nicht mehr einkaufen gehen ohne durch solche Fragen belästigt zu werden. Und da ich mich stets bemühe, die Zeichen der Zeit wahrzunehmen und zu adaptieren, kann  man inzwischen sogar bei uns zuhause Punkte sammeln.

Und das kam so: Alles muss ich immer alleine machen. Müll rausbringen, Wäsche zusammenlegen und wegräumen, Tisch decken. So kann das nicht weitergehen, habe ich mir gedacht und mir kurzer Hand ein System überlegt, bei dem man Punkte kassieren kann, die man dann gegen andere Dinge eintauschen kann.
Punkte kann man bekommen für oben genannte Tätigkeiten, aber auch für Klavier üben, besondere Mühe bei Hausaufgaben oder Hasenstall säubern. Letzteres ist sehr lukrativ, dafür gibt es nämlich fünfzig Punkte. Aber auch Klavierspielen kann einträglich sein, gibt nämlich einen Punkt pro Minute.
Minuspunkte werden hingegen verteilt für Meckern, nicht hören oder schwindeln.

Ausgeben kann man die Punkte dann für zusätzliche Fernseh- oder Computerzeit, besondere Ausflüge wie Kino-Besuche oder andere kleine Überraschungen. Manchmal braucht man die Punkte aber auch, um konfiszierte Dinge wieder zu erlangen wie Handys oder trotz wiederholter Aufforderung nicht weggeräumter Dinge.
Lina braucht beispielsweise noch dreißig Punkte, um eine Kiste voller Playmobil wieder zu bekommen. Punkte sind nicht übertragbar, was Fritz etwas ärgert, denn ein Teil des beschlagnahmten Playmobils gehört ihm.

Soweit so gut. Aber irgendwie funktioniert die Übertragung des Punktesystems von der Theorie in die Praxis noch nicht so ganz.
Aber wer hätte auch ahnen können, dass es einmal Streit darum geben könnte, wer den Tisch deckt oder den Müll rausbringt.
„Die nimmt mir die ganzen Punkte weg!“
„Gar nicht wahr. Du hast doch schon fünfzig Punkte. Jetzt lass‘ mich doch die Wäsche abhängen und wegräumen.“
„Mama! Die Lina wollte mich hauen.“
Hauen gibt zehn Punkte Abzug, allerdings nur tätlich ausgeführte Aktionen. Absichten werden erst einmal nicht bestraft.

Ich weiß noch nicht, ob wir wirklich bei dem Punktesystem bleiben werden. Ständig werde ich jetzt nach dem Punkte-Gegenwert einzelner Tätigkeiten gefragt und muss Streit schlichten, wer was machen darf und trösten, wenn einer zu langsam war, um die Hasen zu füttern.
Dafür geht jetzt die Zeit drauf, die ich glaubte, dadurch gewinnen zu können, dass andere mir bei der Hausarbeit helfen.

Auf jeden Fall muss ich noch ein wenig an dem System feilen.
Vielleicht eine tägliche Obergrenze an zu erreichenden Punkten einführen. Und auf jeden Fall muss ich darauf hinweisen, dass es nicht für alles Punkte gibt.
„Kann einer von Euch mal bei Oma und Opa anrufen und sagen, dass wir morgen einen Kuchen mitbringen?“
Linas Antwort: „Na klar, mach‘ ich. Wie viele Punkte?“

Zusätzlich habe ich den leisen Eindruck, dass sich mein Mann über mein System lustig macht: „Na, Schatz. Wie wär’s mit uns beiden? Oder habe ich noch nicht genug Punkte gesammelt?“
Schau’ n wir mal. Vielleicht kann er sich ja auch ein paar dabei verdienen…

Ein Gedanke zu „Treuepunkte

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