Kindergeburtstage sind ja so ein Thema für sich. Als veranstaltende Eltern freut man sich da ungefähr so drauf wie auf einen Besuch beim Zahnarzt mit Wurzelbehandlung. Fünf bis zehn oder sogar noch mehr Kinder hüpfen um einen rum, machen einen Krach wie zehn Bulldozer in der Großraumdisko und wollen bespaßt und verköstigt werden. Natürlich nicht alle mit den gleichen Dingen, das wäre ja zu einfach. Die einen wollen Schokoladenessen spielen, die anderen lieber eine Schatzsuche machen. Die darf dann natürlich auch nicht zu babymäßig sein.
Wenn man eine geschlechtsgemischte Gruppe hat, wird es nochmal schwieriger. Basteln und Stopptanz geht eigentlich nur mit Mädchen, Jungs werden dann schnell nervig. Beim Fußball stehen wiederum die Mädchen gelangweilt neben dran und nörgeln rum. Natürlich gibt es eine Vielzahl von Angeboten externer Dienstleister, die man nutzen kann, wie Ponyhof-Party oder Kletterhalle, aber in der Regel wollen die Kinder nicht nur drei Gäste einladen, und ich möchte mich nicht für eine Kinderparty verschulden müssen.
Für Lina haben wir zum 9. Geburtstag auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin eine Gruselparty veranstaltet. Der Keller wurde schaurig geschmückt, die Kinder gruselig geschminkt, ein Gespensterkuchen gebacken, eine unheimliche Schatzsuche geplant und weitere zum Thema passende Spiele vorbereitet, wie Mumienwickeln oder Mord im Dunkeln.
Zum Abendessen gab es mit Mandeln gespickt und mit Ketchup besprenkelte Würstchen, die wie abgehackte Finger aussahen, serviert mit einer blutroten Bowle aus der eine eiskalte Hand ragte.
Als wir uns am Ende das Lob für diese tolle Party abholen wollten, bekamen wir von dem verwöhnten Gör als Antwort auf die Frage wie es ihr gefallen hätte, zu hören: „Geht so. Ich habe keinen Zettel bei der Schatzsuche gefunden, war bei Mord im Dunkeln immer nur Tänzer und habe zwei Mal was auf die Nase bekommen.“
Am liebsten hätte ich ihr für diese Antwort gerade noch eins auf die Nase gegeben.
Immerhin hat sie bei allen Spielen mitgemacht. Häufig hat man ja bei solchen Veranstaltungen noch das Problem, dass sich das Geburtstagskind so mit der Situation überfordert fühlt, dass es selbst zum Party-Sprenger wird. Fritz ist so ein Fall: auch im normalen Alltag schon mit einer kräftigen Stimme gesegnet, mutiert er bei seinen Partys dezibelmäßig zur Kreissäge. Dazu meint er, wieder wettmachen zu müssen, dass seine Eltern keinen Partyclown engagiert haben und kaspert was das Zeug hält. Die anderen Kinder finden das sogar noch recht unterhaltsam, ich hingegen finde die Clownereien in Verbindung mit der Schreierei absolut grenzwertig.
Zum Glück ist in der Regel die süße Karla Partygast, über sie können wir dann immer noch ein wenig Einfluss auf den Schreihals nehmen.
Einmal hatte Lina eine spezielle Herausforderung bei ihrer Geburtstags-Party. Sie hat immer große Probleme, die Zahl der Gäste auf die vorgegebene Gästezahl nach der Formel: Alter = Gästeanzahl zu beschränken. Meist werden es dann doch ein paar mehr und trotzdem ist sie ganz verzweifelt, weil sie so vielen erklären muss, dass sie für sie heute leider keine Einladung hat. So muss sich Heidi Klum fühlen, wenn sie kein Foto für eine Kandidatin hat.
Aber wenn man so viele Freundinnen da hat, wie löst man das Problem der Sitzordnung? Natürlich möchte jeder neben dem Geburtstagskind sitzen und gleich viel Beachtung erhalten. Einmal endete das Ganze in einem kollektiven Heulanfall, weil sich die Gäste von ihrer Gastgeberin vernachlässigt fühlten. Lina hat sich dann einfach zurückgezogen und mit ihren Geschenken gespielt.
Fritz hingegen sind diese Probleme fremd. Zu seinen Partys laden wir auch normalerweise frühestens eine Woche vorher ein, da sich die Gästeliste permanent ändert. Wer heute noch ganz oben draufstand, kann am nächsten Tag schon wieder runterfliegen, weil er sich z.B. im Kindergarten in die Hose gepinkelt hat. Auf so was hat er einfach keine Lust und ist dann auch sehr konsequent.
An seinem 7. Geburtstag hat er dann beschlossen, einfach gar nicht zu feiern.
Irgendwie war es ihm zu nervig, sich Gedanken darüber zu machen, wen er einladen soll und was er machen will, da hat er es einfach so lange verzögert, bis ich da auch nichts mehr zu gesagt habe.
Auf die Frage seiner Oma, knapp ein halbes Jahr nach seinem Geburtstag, wann er denn jetzt feiern würde, antwortete er: „Mensch Oma, musst Du jetzt wieder mit dem Thema anfangen? Jetzt hatte die Mama das gerade vergessen.“
Ob er seinen achten Geburtstag wieder feiert, weiß er noch nicht.