„Hier bitte, die Übersetzung von Lektion 12, Zeile 1 bis 7, die Kaninchen sind gefüttert, Vokabeln habe ich gelernt, darf ich jetzt Fortnite? Übrigens brauchen wir Kaninchenfutter.“
In all den Jahren sitzt der Gebrauch eines Prädikats in einem Satz immer noch nicht hundertprozentig, weshalb auch so manche Lateinübersetzung, sagen wir mal „fantasievoll“ ausfällt, aber samstagmorgens um 8 Uhr bin ich nicht unbedingt auf der Höhe meiner Reaktionsfähigkeit und so rücke ich die Controller raus und lese erst „Schloss Gripsholm“ zu Ende und starte anschließend mit „Meine geniale Freundin“.
„Er hätte mir noch einen Kaffee ans Bett bringen können“, schießt es mir durch den Kopf, aber da sitzt der Kerl schon längst an der X-Box und schießt andere 12jährige ab, die virtuell mitballern.

Nein, ich habe auch keine AhnEung, warum da eine Schere auf meinem neuen Nachttisch liegt.
Hätte man mich vor fünfzehn Jahren gefragt, was bei der Erziehung meiner Kinder immer außen vor bleiben würde, dann hätte ich gesagt „Kriegsspielzeug“. Aber das wurde schon bei der Star-Wars-Mania sehr augenzudrückend behandelt und inzwischen sind die Grenzen hier so weich, dass es mit jeder Kugel unmöglicher wird, aus der Nummer wieder raus zu kommen.
Aber Bewusstsein schaffen, das will ich trotzdem. Nach der Fortnite-Einheit gucken wir erst mal Logo von gestern, damit der Sohn weiß, was es mit Juden und Nazis so auf sich hat und was die Pogromnacht war.
Dann verkünde ich ihm und seiner Schwester, dass wir jetzt einen kleinen Spaziergang machen und alle Stolpersteine, die auf unserem Weg liegen, putzen werden.
Der Sohn sucht im Internet die Orte raus und tüftelt unsere Reiseroute aus und dann ziehen wir los.
Erst ist es den Kindern etwas peinlich, dass ihre Mutter putzend in der Haupteinkaufsstraße auf dem Boden kniet, aber mir ist es wichtig, dass sie sich auf diese Weise mit der Vergangenheit auseinandersetzen und dass vielleicht der ein oder andere Passant ebenfalls auf diese Weise zum Nachdenken angeregt wird.
Zwischendurch bringe ich ein Geschenk zur Post und bin sehr froh darüber, endlich mal wieder rechtzeitig an einen Geburtstag gedacht und auch noch ein Geschenk besorgt und rechtzeitig weggeschickt zu haben. So denn die Post will …
Nach einer Stunde spazieren, gedenken und putzen haben die Kinder „Hunger und zwar sofort und nein, eine Brezel reicht auf keinen Fall.“
Wenn man an seinem Lieblingsblumenladen vorbeikommt, dann kauft man da gefälligst was. So will es das Gesetz. Die Tochter meint zwar: „Ne Rose in eine olle Konservendose hätte ich Dir auch stecken können.“
Hat sie aber nicht gemacht. Und da ich auch in Zukunft dort einkaufen möchte, weil es den Laden noch gibt, kaufe ich halt Dinge, die in ganz, ganz grauer Theorie auch jemand für mich basteln könnte.
Vor der nächsten Runde Fortnite ist eine Runde Lateinlernen angesagt. In der Bioarbeit hat der Sohn tatsächlich eine Eins geschrieben und beflügelt von diesem grandiosen Erfolg quälen wir uns heute durch Latein.
Um 22 Uhr läuft „Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger“, den will ich unbedingt sehen, weil mir das Buch sehr gut gefallen hat. Der Lieblingsmann prüft alle fünf Minuten, ob ich nicht eingeschlafen bin, aber ich halte mich mit fragwürdigen Snacks und Gin Tonic wach!
Am Sonntagmorgen fahre ich wie immer ein Kind zu einem Badmintonspiel. Diesmal die Tochter, die sogar zwei Mal spielt.
Es ist zwar früh, aber das Licht ist schön, aus den Bergen steigt Nebel hoch und die bunten Herbstfarben kommen jetzt richtig toll raus.
Solange das Wetter noch hält, mache ich schnell den Hasenstall sauber.
Die Kaninchen sabotieren mich dabei wo sie nur können. Während der eine ins frische Einstreu pinkelt, knabbert die andere den Besen an.
Naja, solange klaue ich meiner Schwiegermutter noch ein paar Hortensien für die Esszimmerdeko.
ach den üblichen Latein- und Fortnite-Runden geht es nachmittags zum Klassenfest des Sohns.
Der wollte zwar erst gar nicht hin, aber ich halte es für unerlässlich, mal die anderen Eltern kennen zulernen. „Dann geh doch allein hin. Ich will lieber zum Badmintonspiel.“
Und auch wenn der Lieblingsmann nicht unbedingt große Lust hat, fremde Eltern kennen zu lernen, habe ich mich durchgesetzt und der Sohn kommt großzügiger Weise mit.
Es ist sehr nett, gibt viel Leckeres zu essen und die Erkenntnis, dass die anderen Jungs im Großen und Ganzen ähnlich verpeilt sind, von Arbeiten überrascht werden oder Zettel im Ranzen-Wust nicht mehr wiederfinden.
Der Abend klingt mit riesigen Eisportionen aus, der Eismann im Nachbarhaus verabschiedet sich nämlich in die Winterpause und wir dürfen beim Resteessen helfen. So altruistisch wie wir sind, machen wir das natürlich gerne.
Abendessen gibt es dafür keines mehr, nur noch erschöpftes aufs Sofa fallen und hoffen, dass die nächsten Wochen weniger anstrengend werden, als die letzten.
Immerhin sind jetzt erst mal alle Klassenarbeiten durch, aber die alljährliche Fotobucherstellung steht an und ich fürchte, ich werde endlich mal bügeln müssen, damit ich was zum Anziehen zur Arbeit habe.
Mittlerweile ist mein Kleiderschrank ganz schön ausgedünnt. Vielleicht gehe ich auch shoppen.
Aber irgendwas ist ja immer, morgen zum Beispiel 12von12. Mal sehen, ob ich zwölf Bilder zusammenbekomme.
Weitere Wochenenden in Bildern gibt es wie immer bei Geborgen wachsen.
Kommt gut in die neue Woche!
Tolle Idee mit dem Putzen der Stolpersteine. Ich war gestern auf der Gedenkveranstaltung zur Reichskristallnacht am Standort der alten Synagoge. Die findet eigentlich immer am 9.11. statt, wurde aber dieses Jahr auf den 10.11. verschoben. Die Redner hinterlassen immer unheimlich Eindruck!
LG Alex
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