Verpackungsopfer hat mich die Tochter genannt, nur weil ich „Jetzt buchen“ angeklickt hatte, nachdem mir drei Mal dieses superduper Harry-Potter-Berlin-Reiseangebot in die Timelines der diversen Social-Media-Zeitfresser gespült worden war.
In Echt ist aber sie das Verpackungsopfer. Ohne Harry-Potter-Label hätte sich das Teenie-Girl bestimmt nicht zu einem Mutter-Tochter-Wochenende herabgelassen.
Egal wie, warum und überhaupt, am Samstagmittag sitzen wir zwei im Zug und fahren nach Berlin. Wir sitzen sogar nebeneinander, obwohl ich rebellisch auf eine Sitzplatzreservierung verzichtet habe und weil ich mich verpflichten musste, nicht mehr alle fünf Minuten „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“ zu grölen.
Dabei falle ich zwischen den vorgeglühten Faschingsnasen in der S-Bahn gar nicht groß auf, aber genau vor denen fliehen wir ja.
Die männliche Hälfte der Familie hatte sich schon gestern in die andere Richtung zum Skifahren aufgemacht.
Nach fünf Stunden ereignisloser aber pünktlicher Zugfahrt mit einer nervigen Durchquasslerin schräg gegenüber, erreichen wir Berlin und haben im Handumdrehen sowohl ins Hotel als auch ins WLAN eingecheckt.

Da fühlt man sich ein bisschen wie im Hogwarts-Express, wenn man sich das Gepäck der Mitreisenden so anschaut
Da bleiben wir aber nur kurz und machen uns dann auf Richtung Alexanderplatz ins Alexa-Shoppingcenter. Das kommt in den Känguruchroniken immer ganz schlecht weg und davon wollen wir uns selbst überzeugen.
Tun wir dann auch. Es ist furchtbar warm, voll und beliebig. Da ist kein Laden, den es nicht auch in jeder anderen mittelgroßen Stadt gäbe.
Außer Sostrene Grene. Das gibt es bei uns nirgendwo in der Nähe und da wollte ich hin.
Am Ende ist die Tochter dann fast begeisterter als ich, in den anderen Läden ging ihr Plan, bunte T-Shirts für den Sommer zu kaufen, nicht ganz auf. Ein schwarzes T-Shirt mit weißem Aufdruck hat es immerhin in die engere Auswahl geschafft und eine schwarze Jeans durfte mit. Ich sag mal, der Frühling kann kommen und schwarz-weiß ist das neue bunt.
Ich nehme dafür noch einen Teenie-Beautytipp mit: gegen Schweißflecken unter den Armen einfach Slipeinlagen ins T-Shirt kleben. Ja, so habe ich auch geguckt.
Bevor wir das Shoppingcenter des Grauens wieder verlassen, essen wir dort noch etwas, günstig aber dafür auch nicht besonders gut.

In Berlin esse ich Currywurst. So will es das Gesetz. Die hier war gar nicht mal so lecker.
Kurz bin ich ein wenig beleidigt, weil die Tochter kein Fernsehnturm-Selfie mit mir machen will. Da hat sie ihre Prinzipien.
Dann mache ich das Foto halt mit mir, meinen Falten und dem Doppelkinn, die eigentlich auch keiner auf dem Foto haben wollte. Je länger ich das Bild betrachte, desto eher kann ich die Tochter verstehen.
Beim Frühstück am nächsten Morgen ist alles irgendwie leer geräubert und als ich mich umschaue und viele Kinder und Jugendliche in Gryffindorkluft sehe, bin ich erleichtert, dass ich wohl nicht die einzige bin, die auf Harry-Potter-Angebote im Internet klickt. Die einzige ohne Hogwarts-Outfit ist die Tochter, die alle ihre Devotionalien daheim gelassen hat.
Vormittags lasse ich die Tochter im Hotelzimmer zurück und bummele alleine durch Berlin. Das ist für unser friedliches Zusammenleben besser. Auf Empfehlung der Berlinmittemom Anna laufe ich über die Museumsinsel und besuche die Mauergedenkstätte in der Bernauer Straße. Sehr eindringlich, toller Tipp.
Die Tochter hat währenddessen auch keiner geklaut, allerdings ist sie genervt, weil eine ihrer Simse, mit denen sie sich den Vormittag über amüsiert hatte, „voll depri drauf ist„. Dabei hatte sie doch nur deren Mann umgebracht. „Der war voll alt!“, erklärt sie mir und ich frage mich, ob ich mich um ein Einzelzimmer bemühen sollte …
Aber erst mal geht es zum eigentlichen Grund unserer Berlinreise. Wir fahren nach Babelsberg zur Harry-Potter-Ausstellung.
Am Anfang dürfen sich ein paar Freiwillige vom Sorting Hat in ihre Häuser einweisen lassen. Die Tochter, von eher zurückhaltenderem, leisen Wesen, gibt alles, aber bleibt leider außen vor. Dabei hätte sie im Gegensatz zu allen anderen, nach ihrem Wunschhaus befragt, geantwortet: „Alles außer Gryffindor.“

Wer schwärmt nicht für ihn? Gilderoy Lockhart! 😍

Und irgendwer muss natürlich mal wieder das dunkle Mal beschwören … Aber der Sohn kann es diesmal nicht gewesen sein.

Aber warum hängen hier Thomas Gottschalk s Wetten-Dass-Outfits rum? 🤓

Und die Sketch-up-Gedächtnisbrille von Sybill Trelawny darf auch nicht fehlen
Dem aufmerksamen Leser dürfte aufgefallen sein, dass wir uns doch schon vor zwei Jahren in London angeschaut haben. Da kann ich nur antworten: Papperlapapp!
Und außerdem waren wir da viel zu geizig, um einen Schokofrosch für 12 Euro zu kaufen.

Schnäppchen-Schokofrosch. Aber geh, eine Wackelkarte von Rovena Rawenclaw war auch dabei!
„Verpackungsopfer„, zische ich der Tochter zu, als sie mit ihrem Hogwartspulli und dem Schokofrosch in der Kassenschlange steht. Aber sie zuckt nur mit den Schultern.
Auf der Fahrt zurück ins Hotel steigen wir am Bahnhof Zoo aus, essen nach einem Tipp von Alu von Große Köpfe in einem Hipster-Laden im Bikini-Berlin Mac&Cheese und Pommes mit Schnickschnack.

Ein bisschen Berlinbummeln muss die Tochter auch noch, war aber gar nicht schlimm.
Die Currywurst zum Nachtisch von Curry36 und deutlich besser als die gestrige. Und sogar Bio.
„Das war ein schöner Tag!“, sagt die Tochter und ich freu mich und riskiere es nicht, sie zu fragen, ob wir noch ein Selfie vor dem Brandenburger-Tor machen wollen.
Morgen geht es wieder nach Hause, aber bis dahin lassen wir es uns gutgehen und ich werde endlich eine Currywurst bei Konopke essen.
Bis dahinschau noch ein bisschen bei Große Köpfe was andere an diesem Wochenende gemacht haben.
Übrigens hat mir mein Social Media Feed gerade verraten, dass es Sostrene Grene demnächst auch in Provinz-Wiesbaden gibt.
Egal, ich finde andere Gründe, um nach Berlin zurück zu kommen.
Facts & Figures:
Wie üblich habe ich hier alles selbst bezahlt. Die Empfehlungen oder nicht Empfehlungen kommen von Herzen und weil ich mich selbst über so etwas freue:
Harry-Potter-Ausstellung: Läuft allerdings nur noch bis 10. März. Der Tochter hat sie sogar besser gefallen als in London, zwar deutlich kleiner und kürzer, dafür mehr und andere Interaktionen.
Das Hotel: Intercity am Hauptbahnhof, Berlin. Zimmer schick und sauber, getrennte Betten möglich (in einem Bett hätte die Tochter nicht mit mir schlafen wollen). Zum Frühstück (Standard, aber nichts besonderes) kamen wir immer zu ungünstigen Zeiten und mussten auf einen Sitzplatz warten und alles war leer geräubert, wurde aber nach und nach aufgefüllt. Hat mich trotzdem genervt.
Topp ist, dass im Übernachtungspreis ein Tagesticket über die gesamte Aufenthaltsdauer für den öffentlichen Nahverkehr bis nach Potsdam dabei ist. Außerdem liegt das Hotel direkt am Bahnhof und man kann seine Koffer kostenlos nach dem Check-out da lassen bis der Zug fährt.
Essen & Trinken: Im Alexa-Shoppingcenter gibt es einen Food-Bereich, wo man für jeden Geschmack etwas findet. Die Currywurst ist nicht empfehlenswert.
Das Hipster-Lokal im Bikini Berlin, in dem wir gegessen haben, heißt Spreegold. Aufpassen, Bedienung gibt es erst ab der ersten Etage, unten muss man sich selbst bedienen und hat auch eine geringere Auswahl.
Currywurst: Curry36 am Hauptbahnhof: War ganz gut. „Ein bisschen scharf“ war tatsächlich ein bisschen scharf.
Beste Currywurst in Berlin: Konnopke, U-Bahn-Station Eberswalder-Straße, dann unter der Hochbahn.
Bei beiden gibt es auch vegane Currywürste.
Bei „Verpackungsopfer“ fiel mir erst einmal das halbe Gesicht raus. Besser kann man die Wirkung von Waren auf’s Kontrollzentrum auch nimmer nennen. Bei mir heißt die Kontrollinstanz „brauchst du das jetzt wirklich“/ „wo willst du damit bloß hin??“/ „dein Konto wird dir die Enthaltsamkeit danken. Der Frosch hätte eventuell dennoch mitgedurft. Der sieht so herzig aus. =D
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Aber er bewegt sich gar nicht wie im Buch. Nepp!
Allerdings wäre die Schokolade ganz lecker, behauptet die Tochter, die eigentlich eher Team Gummibärchen ist …
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Wie sollte sich der Potter-Frosch denn bewegen? …hoffentlich ist das keine Bildungslücke! 😳
Das waren dann also sehr schnellebige 12 Euro. Lach.
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Na, in der Zaubererwelt, hüfpfen die doch weg 😉
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