Die John Williams-CD ist angekommen. Endlich.
Acht Tage musste er dank Poststreik darauf warten. Acht Tage, in denen er nur die Carmen-Ouvertüre und den Walkürenritt hören konnte. Und alle damit genervt hat.
Bis vielleicht auf Linas Sims, die – sehr zu ihrem Leidwesen – am liebsten klassische Musik hören. Ständig fragt sich das arme Mädchen, was sie wohl falsch gemacht hat in der virtuellen Erziehung. Ich hingegen habe damit aufgehört, mich über meine Geschöpfe zu wundern. Ich nehme hin. Zum Beispiel, dass es jetzt gar keine Abwechslung mehr in der Musikauswahl gibt, sondern dass nur noch die Star-Wars-Filmmusik gehört wird. Überall. Zuhause, im Auto, im Hort. Morgens nach dem Aufstehen genauso wie abends zum Einschlafen.
Leider hat Fritz seine Klaviernoten für den „Imperial March“ verbaselt, so dass er in der letzten Woche ohne auskommen musste. Ich frage mich, ob die Noten vielleicht den gleichen Weg gegangen sind wie die Nicole-Kassette, die meine jüngere Schwester als Achtjährige so gerne und ausdauernd gehört hat, oder die Lieblings-Haus-Hose meines Vaters, die so furchtbar bequem war und ein adrettes Fleckenmuster aufwies, oder die Plastik-E-Gitarre für Kleinkinder, die so klangschön „Old Mac Donalds had a farm“ spielen konnte.
Ich schwöre, ich habe nichts damit zu tun, aber ich bin nicht die einzige in unserem Haushalt, die die ersten zwei Takte vom Imperial-March in halbstündigen Dauerschleifen hören musste. Da hilft dann auch nicht, dass es ab der zehnten Wiederholung im fünffachen Tempo gespielt wurde.
Ein bisschen wünsche ich mir die Zeit zurück, in der Fritz auf dem absoluten Ann-Doka-Fan-Trip war. Auf ihrer CD sind immerhin drei verschiedene Lieder. Allerdings genauso laute.
Aber immerhin kann Fritz die Star-Wars-Musik jetzt stilvoll dirigieren, seit er stolzer Besitzer eines Dirigierstabs ist. Die wunderbare Lynn Kao hat gelesen, wie sehr sie Fritz begeistern konnte und ihm freundlicherweise einen Dirigierstab geschenkt. Und zwar einen, mit dem sie auch schon selbst dirigiert hat. Ich glaube, sie hat sich ein wenig Sorgen um unsere Einrichtung gemacht als sie hörte, dass er zu Hause mit dem Laserschwert dirigiert.
Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob der Unterschied zwischen einem Laserschwert und einem Dirigierstab wirklich so groß ist, wie er auf den ersten Blick erscheint. Lynn Kao hat Fritz nämlich noch genau gezeigt, wie ein Dirigierstab zu handhaben ist.
Wir haben sie bei einer Probe im Theater besuchen dürfen. Die Dirigentin kniete vor meinem Kind nieder und hatte so in etwa Master Yodas Größe, wenngleich auch sonst wenig an ihr an den allmächtigen Überjedi erinnert. Dann erklärte sie Fritz, dass die gesamte Kraft des Stabs in der Spitze liege und dass er die Musik fühlen und sie aus sich heraus strömen lassen müsse. Im Prinzip wäre so ein Dirigierstab auch nicht viel anders als ein Laserschwert und wie der junge Luke Skywalker viel zu lernen er hätte.
Für einen Moment glaubte ich, ganz deutlich eine Erschütterung der Macht zu spüren. Und wenn mich nicht alles getäuscht hat, dann schwebte für einen kurzen Moment die Pauke über dem Boden des Orchesterproberaums, als Golum mein Sohn mit seinem neuen Schatz konzentriert und paralysiert von der Macht vor seinem neuesten Idol stand und nur stumm nicken konnte.
Lina findet übrigens, dass sich der Dirigierstab auch ganz hervorragend als Zauberstab eignen würde und brennt darauf, die Harry-Potter-Zauberformeln damit auszuprobieren. Leider wacht Fritz wie Fluffy, der dreiköpfige Hund aus Hogwarts, über seinen Schatz und verbietet jedem die Berührung des Elder-Stabs.
Aber wenn Lina mit dem Dirigierstab die Musik ein klein wenig leiser zaubern könnte, dann hätte ich durchaus nichts dagegen.
Aber bitte vorsichtig dirigieren! Meine Musiklehrerin hat sich mit so einem Stab tatsächlich mal selbst die Handfläche durchbohrt. 😱
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